Die IT großer Unternehmensgesellschaften hat typischerweise zwei zentrale Probleme: Ihr Wertbeitrag zum Geschäftserfolg ist zwar prinzipiell anerkannt, aber nicht konkret messbar und nachweisbar. Zweitens, die übergreifend bereitgestellten hybriden IT-Infrastrukturen, Applikationen und Services: Sie lassen kaum eine transparente Anforderungs- und Wertanalyse für einzelne Geschäftsbereiche und Tochterunternehmen zu. Dies zu ändern hat sich die R+V Versicherung auf die Fahnen geschrieben und einen Transformationsprozess mit Technology Business Management (TBM) durchlaufen.
Beschleunigte IT-Entscheidungen dank verbesserter Datengrundlage sowie eine um bis zu 60 Prozent beschleunigte Reaktionszeit auf IT-bezogene Ad-hoc-Anfragen – unter anderem mit diesen Ergebnissen zieht die R+V Versicherung eine erste Bilanz zu ihrer Einführung von TBM.
Die genossenschaftliche R+V Versicherung AG ist eine Tochter der DZ Bank und gehört zu Deutschlands größten Versicherungsunternehmen mit rund 16.000 Mitarbeitern und neun Millionen Kunden. Die IT ist zentral organisiert und agiert als interner Dienstleister für den gesamten Konzern, der in den vergangenen zehn Jahren dynamisches Wachstum verzeichnete.
Dashboards statt starrer Excel-Berichte
„Es ging bei uns nicht um Einsparungen“, betont Peter Liebelt, Senior IT Controller der R+V Versicherung. „Ziel war vielmehr, Fragen zu IT-Investitionen, Prioritäten, Cloud-Strategien, Kosten und Optimierungsmöglichkeiten von der Vorstandsebene bis hin zu den einzelnen Business Units ganzheitlich darstellen und bewerten zu können – in allen Zusammenhängen und Abhängigkeiten sowie aus unterschiedlichen Sichten auf Basis verlässlicher Detailzahlen.“
Dies sollte in Zukunft flexibel über Dashboards auf Knopfdruck möglich sein – und nicht erst nach zeitraubender, mühseliger Zusammenführung einzelner statischer Excel-Tabellen.
Nur ein Beispiel dafür ist die Private-Cloud-Strategie der R+V: Eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung sowie die nutzungsbasierte Umlegung der Kosten auf die Geschäftsbereiche waren mit den vorhandenen Systemen kaum möglich.
Faktenbasierte Kostendiskussion mit Vorstand und Fachbereichen
So fiel die Entscheidung zur Einführung von Technology Business Management (TBM) auf Basis der Apptio-Plattform. Das Projekt wurde von einem Kernteam aus vier Mitarbeitern vorangetrieben, begleitet von regelmäßigen Lenkungsausschüssen, in die der Vorstand involviert war. Der Soft-Launch wurde innerhalb von nur sechs Monaten erreicht.
Die R+V setzte TBM als schrittweisen Prozess um, wodurch ab dem Start des Projektes – orientiert an aktuellen Themen und Herausforderungen – monatlich Ergebnisse für konkrete Use Cases gegenüber dem CIO und dem Management Team vorgestellt werden konnten.
Taxonomie für Benchmarks und Alternativszenarien
Eines der wesentlichen Elemente des industrieübergreifenden TBM-Standards ist ein Rahmenwerk für die IT, um sowohl für den Unternehmensbetrieb (Run-the-business) als auch für Veränderungen und Innovationen (Change-the-business) Anforderungen, Wertbeitrag und Kosten datenbasiert planen und steuern zu können. Die TBM Taxonomie als zweites Element strukturiert dafür die einzelnen IT-Fachbereiche, Produkte und Services sowie die Kostenstellen so, dass Industrievergleiche in Benchmarks sowie die Evaluierung von Alternativlösungen möglich sind.
Automatisierte Erfassung von Verbrauchs-, Nutzungs- und Kostendaten
Anhand dieses TBM-Rahmenwerks entwickelte die R+V eine eigene Value-Matrix und ein Verrechnungsmodell, gepaart mit Kennzahlen der strategischen Konzernziele. Dafür stellte sich R+V der Herausforderung, die nötigen Daten schrittweise in Apptio-Systemen – automatisiert über Integrationen– zu erfassen, um von einer grob gerasterten Sicht auf Verbrauchs-, Nutzungs- und Kostendaten zu immer detaillierteren Einblicken bis hin zu einzelnen Servern und Services zu kommen. „Dieser Prozess dauerte etwa ein halbes Jahr“, erklärt Liebelt. „Doch wir konnten mit schnellen Zwischenergebnissen – wozu es etwas Mut zur Lücke braucht – demonstrieren, wie wir auf diesem Weg mehr und mehr Transparenz schaffen, vom Rechenzentrum bis hin zum Endnutzer.“
Über 50 Ansätze für Kostenoptimierungen aus Value Conversations
Kurze Zeit später begannen die sogenannten ‚Value Conversations‘, bei denen die IT gemeinsam mit Verantwortlichen aus dem Finanzwesen und den Business Units an einem Tisch sitzt. Hier analysiert die R+V systematisch Ergebnisse sowie mögliche Optimierungen und stimmt Prioritäten ab – dies reicht von einem zentralisierten Einkauf von Marktdaten über ein verbessertes Software-Lizenzmanagement bis hin zur Strategie für die Private Cloud. Bei diesen Value Conversations der R+V wurden bislang über 50 Optimierungsideen erhoben.
„Über Dashboards können Ad-hoc-Fragen an die IT sehr viel schneller beantwortet und Entscheidungen bereichsübergreifend getroffen werden“, erläutert Liebelt. „Durch die Transparenz sind Spielräume bei Investitionsentscheidungen größer, Initiativen können beschleunigt an neue Anforderungen angepasst und Alternativen zu laufenden Kosten evaluiert werden.“
Bei Benchmark-Analysen der IT-Infrastrukturen hat sich beispielsweise gezeigt, dass die R+V in den IT-Towern Computing und Storage bereits effizient aufgestellt ist. In anderen Bereichen wurden zur weiteren Analyse Maßnahmen aufgesetzt, um zum Beispiel IT-Services granularer aufschlüsseln und gegebenenfalls notwendige Steuerungsmaßnahmen auf transparenten Daten aufsetzen zu können.
Auf Basis der durch TBM ermöglichten Detailsicht auf IT-Vollkosten wird die Leistungsrechnung modernisiert. Dies betrifft beispielsweise variabel anfallende Cloud-Kosten, die damit ursachengerecht und nachvollziehbar auf die Business Units umgelegt werden können.
Ausblick: IT-Kosten simulieren und im Kontext zu Prozessen und Umsätzen bewerten
Als nächste Schritte wird die R+V die Apptio-Lösung weiter ausbauen, um Simulationen und Preiskalkulation ihres IT-Service-Portfolios durchführen zu können. Zudem wird es darum gehen, die IT-Kosten im Kontext zu Geschäftsprozessen und Umsätzen zu betrachten und sie so in Unternehmensentscheidungen einfließen zu lassen. Die neuen Möglichkeiten, technische und betriebswirtschaftliche Daten über TBM zu verknüpfen, schaffen hierfür die nötige Transparenz in der Zusammenarbeit zwischen der IT und dem Konzern-Controlling.